Die junge ungarische Künstlerin Eva Szakál greift die Thematik der Utopie mit subtiler Ironie auf. Dabei rekurriert sie auf jene Bedeutungsebenen, die im Ungarischen im Wort „Utopia“ impliziert sind. So bedeutet „uto“ in ihrer Muttersprache „nachher, später“ und „pia“ bezeichnet ein alkoholisches Getränk. Von diesen sprachlichen Konnotationen ausgehend entfalten sich zahlreiche metaphorische Assoziationen und Metonymien zum Begriff „Utopia“. Könnte man Utopien nicht tatsächlich als Ideen mit drogenähnlichen Auswirkungen auffassen? Politische Utopien hatten im Laufe der Geschichte ja meist zu irrationalen und inhumanen Auswüchsen politischen Massenwahns geführt – als wären ganze Gesellschaften und Nationen unter Drogeneinfluss gestanden. Das berühmte Diktum von Karl Marx, dass „Religion Opium für das Volk“ sei, ist nach den Katastrophen-Erfahrungen des 20. Jahrhunderts durchaus auch auf politische Ideologien anwendbar. In diesem Sinne symbolisiert ein aufgeblasener Getränkebehälter in Polsterform die drogenähnlichen Folgen jeder Utopie. Dieses polsterartige Objekt verweist für Eva Szakál aber auch darauf, dass utopische Konzepte und Ideen oft nicht nur „Träume“ sind sondern auch aus schlafähnlichen Zuständen heraus entstehen – ja dass die Begriffe „Idee“ und „Traum“ in fundamentalem Sinne etwas gemeinsam haben: Es sind letztlich nichts anderes als Fiktionen und Imaginationen, aber keine „Realitäten“. Diese Imaginationen können sich zwar „aufblasen“, aber auch völlig inhaltsleer wieder „verpuffen“. Auch in ihren bisherigen Arbeiten „spielte“ Eva Szakál oft mit polysemischen Konnotationen der von ihr malerisch „dargestellten“ Sujets, die zumeist alltägliche und scheinbar „unspektakuläre“ Gegenstände repräsentieren: Bienenstöcke, Eistüten, Strommasten etc. Auf malerisch-visueller Ebene verfremdet sie diese „banalen“ Objekte nicht nur durch einen beinahe hyperrealistisch anmutenden Malstil sondern eben auch durch metonymische Bedeutungsverschiebungen, gebrochenen Symmetrien und metaphorisch-symbolischen Neuinterpretationen, um derart neue bzw. ungewohnte visuelle und semantische „Aspekte“ zu evozieren. Formal variiert sie (hyper-)realistische und abstrahierende Darstellungsweisen ebenso wie chromatische und figurale Kontraste, die sie meist vor einem monochromen, flächigen Hintergrund zur Geltung bringt – in völliger, beinahe schon metaphysischer Isolation zur restlichen Welt. Dies zeigt sich auch in der vorliegenden malerischen Arbeit mit dem Titel „Progress“. Das zunächst noch „naturalistisch“ dargestellte Sujet eines Polsters (als Sinnbild jenes Gegenstands, auf dem im Schlaf Ideen und Utopien ihre traumartige Geburt erleben!) wird in zunehmend abstrakteren Formen entwickelt – und schreitet derart zu unterschiedlichsten Formen seiner Erscheinungs- und Seinsweise fort. Die sich auflösende Konsistenz des abgebildeten Polsters unterläuft dabei wiederum ironisch die mit dem Titel annotierte Bedeutung des „Fortschritts“. Oder stellt die „Auflösung“ und Zersetzung utopischer Ideen nicht in Wahrheit den eigentlichen Fortschritt dar?