Marlene Stoisser

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http://www.marlenestoisser.at/
Austria Wien

Die Künstlerin ergreift angesichts der Thematisierung des Begriffs „Plastik“ die Gelegenheit, diesen Kunststoff in Form der PE-Folie in ihre Arbeit zu integrieren, um die damit gegebenen neuen Möglichkeiten des malerischen Ausdrucks auszuloten. Für sie bietet sich vor allem die Möglichkeit, die klassische Leinwand durch die Kunststoff- Folie zu ersetzen. Zunächst verwendet sie die Folienfläche als Projektionsebene für Dias, die sie in der Bibliothek des Stiftes gefunden hatte und nun als Motiv-Vorlage verwendet. So entstand z.B. das durch die Kombination unterschiedlicher Sujets doch irritierende Bild einer in Frontalansicht dargestellten städtischen Häuserreihe, vor der sich offenbar ein nur in Rückenansicht zu sehendes „Publikum“ befindet, das unter Umständen die Besucher einer kirchlichen Veranstaltung darstellt. Da derart die Blickrichtung der Kirchenbesucher auf die Häuserreihe gerichtet scheint, mutet die kombinierte Szenerie wie eine „kontemplative“ Betrachtung der an den Häuserreihen erkennbaren Werbeaufschriften durch das Kirchenpublikum an. Beinahe könnte man meinen, die Malerin symbolisiere hier die Werbung als moderne „heilige Kuh“, die nunmehr wie ein Götzenbild „angebetet“ werde. Die Rückenpartien dieser „Zuschauer“ setzen sich ab dem Nackenbereich allerdings teilweise auch in angedeuteten Autoumrissen fort, sodass insgesamt der Eindruck entsteht, die Reihen der „Gläubigen“ seien zwischen Hausfassaden und vorbeiströmenden Automobilen eingezwängt. Auch dies könnte man als Charakteristikum moderner, säkularer Zeiten deuten! Diese ineinander verschränkte Kombination der Bildmotive, die wie eine Überblendung wirkt, entstand einerseits durch die Projektion zweier Dias und andererseits durch das Umwenden der Folie zwischen den Bildprojektionen und der malerischen Fixierung. Die Technik der „Überblendung“ dient auch in der Arbeit „Das Marterl“ als Ausgangspunkt. Die Malerin kehrt jedoch wieder zur klassischen Leinwand zurück, um das für die PE-Folie gültige Prinzip der Transparenz experimentell auch auf die Leinwand zu übertragen. Um eine derartige „Transparenz“ zu erreichen, projiziert sie zwei Bildmotive mit einer leichten „Verschiebung“ der Projektionsachse, so dass daraus eine neue Bildkomposition entsteht, die gleichzeitig zwei unterschiedliche „Szenen“ zeigt. Der so das Bild bestimmende „Bruch“ wirkt wie eine selbst nicht wahrnehmbare transparente Schicht, die man zwar durch die irritierende „Verdoppelung“ des Marterls „verspürt“, aber visuell nicht zu fassen vermag. Die Gegensätzlichkeit der Bildsymbolik – hier die profane Haltung einer Frau, die das Marterl einfach nur begutachtet, und da eine in seltsam „anbetender“ Haltung dargestellte Frau (die ja offensichtlich auch dieselbe ist) – verstärkt den irritierenden Eindruck der Bildkomposition. Die Malgeste selbst ist (vor allem bei den Arbeiten auf PE-Folie) bewusst „ungenau“ ausgeführt, um die malerische Eigenqualität gegenüber der doch detailreichen Vorlage zu betonen. Ein weiterer Aspekt in der Verwendung der Kunststoff-Folie als Maluntergrund ergibt sich durch die gegenüber einer klassischen Leinwand mit ihrer porigen Materialstruktur doch sehr viel „glatteren“ Oberflächenstruktur, die die Pinselführung wie auch das Verhalten der aufgetragenen Acryl-Farbe entscheidend verändert. Dem entsprechend kann der Pinselduktus schneller, dynamischer und „ausholender“ erfolgen und gleichzeitig ergibt der Farbauftrag meist Schlieren mit unterschiedlich deckenden Stellen. Dies mag auf den ersten Blick wie eine mangelnde Sorgfalt in der malerischen Ausführung erscheinen, entspricht aber im Grunde dem spezifischen Material der PE-Folie, deren Eigenschaften sich in dieser Hinsicht auch formal auswirken. Den Faktor der jeweils spezifischen Wirkung unterschiedlicher Materialien greift die Künstlerin auch in der Behandlung des Keilrahmens auf. Da die transparente Folie die Keilrahmen sichtbar bleiben lässt, kann auch mit dessen Wirkung experimentiert werden und der üblicherweise unsichtbare Keilrahmen wird zum visuellen Bestandteil des Bildes. So stellt die Künstlerin dem eigentlich „idyllischen“ Bildmotiv der „Wanderinnen“ die Sichtbarkeit der „billigen“ Holzleisten entgegen, die teilweise auch noch durch Farbspuren überzogen sind. Im Gegensatz dazu „vergoldet“ sie im Bild „Die Badenden“ den mit der Folie überzogenen Keilrahmen – gleichsam um dieser sommerlichen Kinderidylle eine beinahe schon kitschig anmutende Intensivierung zu geben. Aber diese dekorative „Vergoldung“ wird mit der teilweise übermalten PE-Folie über dem Golduntergrund gebrochen. Die Möglichkeiten der PE-Folie als Maluntergrund „testet“ Marlene Stoißer auch mit der Technik aus, die Farbe teilweise abrinnen und abtropfen zu lassen – auch dies bricht das „harmonisch-paradiesische“ Bildmotiv und zeigt, dass es der Malerin weniger um die Darstellung geht als vielmehr um den experimentellen Umgang mit neuen Materialien. Ein interessanter Effekt der PE-Folie als Trägermaterial zeigt sich auch darin, dass der jeweilige Hintergrund des Bildes den Bildcharakter vollkommen verändern kann, da die farbliche Qualität des Hintergrundes durch die transparente PE-Folie durchschimmert und so ebenfalls zu einem Teil des Bildes wird. Dies wird insbesondere im Bild „Die Wanderinnen“ erfahrbar: Vor einem weißen Hintergrund erhält das Bild den Charakter einer Schneelandschaft – vor einem grünen Hintergrund wird es zu einer sommerlichen Bergwanderung.

 

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