Mit Axel Staudingers „Erdkugeln“ tauchen wir in eine ironisch-spielerische Welt ein, die den blauen Planeten Erde zunächst auf eine „blaue Kugel“ reduziert – bestehend aus einer mit PET-Flakes ummantelten Glaskugel, die von innen „erhellt“ wird und kristallin in gebrochenen Lichtspektren schillert. Diese Erde wird zu einem fluoreszierenden Diamanten in der schwarzen Einöde des Weltraums. In dieser Art bildete sich auch das Bild unseres Blauen Planeten seit den ersten Farbaufnahmen aus dem Weltall – der Mensch musste erst die Erde verlassen, um die faszinierende Schönheit des Planeten zu erkennen. Dieses Ereignis, die Erde plötzlich aus der „Kälte“ des Weltalls zu sehen, bedeutet bis heute ein nur als „Schizophrenie“ zu bezeichnendes Bewusstsein des Menschen: Einerseits erwies sich die Erde als „verlorener“ Planet unter Millionen anderer Gestirne – andererseits zeigte er sich als einziger „belebter“ Himmelskörper. Bis heute ist sie für das Bewusstsein des Menschen sowohl eine unfassbare „Ausnahme“ wie auch Sinnbild einer absoluten „Verlorenheit“. Getrieben von dieser ambivalenten Erkenntnis versuchen wir einerseits, immer weiter in den Weltraum vorzudringen – also die Erde immer mehr zu verlassen – wie auch gleichzeitig zu ihr „zurückzukehren“, d. h. sie in ihrer „Schönheit“ zu bewahren. Wie nannte es der Philosoph Ernst Bloch? „Wir Ptolemäer kehren wieder zur Erde zurück.“ Damit bezeichnete er die scheinbar paradoxe Rückkehr zu einem geozentrischen Weltbild – auch wenn der Planet Erde nicht im Zentrum des Sonnensystems ist und sich im Gegenteil um die Sonne dreht, so ist sie doch gleichzeitig das Zentrum, d. h. der Mittelpunkt für den Menschen und das Leben! Wie in mittelalterlichen Darstellungen, in denen der Mensch seinen Kopf über die Welthemisphäre hinaus in das reine Nichts steckte, entragen Köpfe und Beine dieser PET-Flakes-Kristallkugel, deren schillernde Lichtspiele sich bezeichnenderweise dem Kunststoff-Müll unserer Tage verdanken. Scheinen Köpfe und emporgestreckte Arme aus der Erdkugel „springen“ zu wollen, so lassen die in die Kugel eintauchenden Beine gleichsam einen „Kopfsprung“ zurück auf bzw. in die Erde vermuten. Letztlich sind diese Figuren aber hilflos Ertrinkende – im „Gold der Chemie“, wie Axel Staudinger unsere Plastik-Wunderwelt nennt. Diese Plastik-Wunderwelt ist auch eine „Puppenwunderwelt“, deren „Bewohner“ in monadischen Glaskuppeln auf der Erdoberfläche „blubbern“ – als kleine, verrenkte, nackte Plastikpüppchen, die auch einen Hauch des Obszönen und Perversen annotieren. Nicht zuletzt auch aufgrund der rot gefärbten „Sandbetten“, die durch diese Farbe allein schon eine (verbotene) Erotisierung der winzigen nackten Puppen mit sich bringen. Unmittelbar nachdem sie dem Eizellenstadium entwachsen sind, „ploppen“ (so Axel Staudinger) sie hervor und verbleiben doch in einem beinahe embryonalen Zustand innerhalb der „Fruchtblase“. Aus einer der aus PU-Schaum hergestellten Erdkugeln quellen in diesem kräftigen Blutrot auch Halbköpfe von Säuglingen „wie Warzen“ (A. Staudinger) aus der aufgebrochenen Erde hervor – parasitäre Menschenleben zerfetzen den „Geburtskanal“ der Erde in einer überschäumenden Blutlache. Dieser Prozess der qualvollen Lebensschöpfung geht im Objekt einer geteilten („aufgeschlitzten“) Erde nahtlos, d. h. logischerweise in den Prozess des Sterbens über – zwischen den blutgetränkten Hälften der Erdmutter dreht sich das „Karussell des Todes“ in Form einiger Skelette.