Die großformatigen Arbeiten Laura Stadteggers wirken teilweise wie Bühnenbilder, in denen eine augenblickshafte Sequenz eines alltäglichen Geschehens „angehalten“ wird. Ob es sich um ein „Wiesenstück“, das durch einen Zaun gegliedert wird, um ein „Waldstück“ oder um Berge handelt, die Szenerie ist verhalten, „bescheiden“ könnte man meinen, scheinbar ohne jede Theatralität oder Dramatik. Und doch erhalten diese „Bildbühnen“ vielleicht gerade durch die unscheinbare Alltäglichkeit der Szenenmotive ihren „theatralen“ Charakter, ihre „Überhöhung“. Was sollte an der Handlung, einigen Abfall auf eine Schaufel zu kehren, schon besonders „darstellenswert“ sein, was „ereignet“ sich im Bild der vor einer Bergkulisse hockenden Malerin? Durchaus bemerkenswert hingegen erscheint, dass sich die Malerin als Malerin in den Darstellungen inszeniert, dass sie sich als Akteurin der, wenn auch minimalen, Handlungssequenzen in das Bild (und damit auch in die Thematik) mit einbringt – gekennzeichnet durch die gelben Gummihandschuhe, die offensichtlich zu ihrem „Arbeitszeug“ als Malerin gehören. Derart ist die Malerin gleichzeitig auch Teil der bühnenartigen Naturstück-Inszenierungen – die Natur wird zur Bühne und sie, die Malerin, wird zur Schöpferin dieser Natur. Es liegt an ihr, sie als verwund- bzw. verletzbar (durch Müll „entstellt“) oder sie ohne Abfall, also unversehrt zu zeigen, den Müll zu „übermalen“, wie es offenbar in der Darstellung des Wiesenstücks „gelungen“ ist. Mit dieser beinahe als Anmaßung zu interpretierenden und vielleicht sogar hypertrophen Selbstinszenierung der Malerin als Schöpferin der Natur wird aber ein sowohl historisches wie auch zeitaktuelles Motiv zitiert: Sahen sich nicht die Künstler der Renaissance als „deus secundus“, als eine Art zweiten Schöpfergottes – freilich noch weitgehend ohne die Anmaßung, die natura naturata in eine künstliche natura naturans zu überschreiten, wie es Chemie und Biologie seit langem unternehmen, d.h. das Natürliche durch das Künstliche zu verändern bzw. letztlich zu ersetzen. Der aktuelle Bezug liegt aber sicherlich darin, dass der Mensch (und nicht nur die Malerin) heute tatsächlich Verantwortung dafür trägt, ob die gegebene Natur durch die technischen Produkte bzw. technisch-künstlichen Methoden insgesamt verändert bzw. zerstört wird. In diesem Sinne sind wir inzwischen tatsächlich zweite Schöpfer der Natur, weil es in unserer Hand liegt, sie zur Müllhalde verkommen zu lassen oder unseren Müll eben auch selbst wieder wegzuräumen. In einfachster Symbolik eines Wegkehrens von Abfall verweist die Malerin auf diese für die Menschheit vielleicht überlebenswichtige Frage. Nicht einmal angesichts des prophezeiten Klimawandels mit unvorhersehbaren Folgen (unabhängig davon, ob diese Prognosen richtig sind oder nicht – sie bestehen, und dies allein sollte zu entsprechenden Verhaltensänderungen Motiv genug sein!) sind wir bereit, „vor unserer Haustüre“ auch jenen Müll wegzukehren, den wir ständig verursachen. Wie immer dem auch sei, die Malerin trägt auch diese auffälligen gelben Arbeitshandschuhe – offensichtlich um damit anzudeuten, dass dieses künstliche Produkt auch nützlich ist. Und damit verweist sie auf den wohl überzeugendsten Aspekt der Technik – Technik überzeugt durch (angebliche) Nützlichkeit! Da hilft auch die seltene Einsicht nicht, dass so manche Nützlichkeit in Wahrheit wenig nützlich ist. Gleichzeitig hilft hier auch keine pauschale Verdammung alles Künstlichen – davon scheint die Malerin ebenfalls weit entfernt zu sein, wenn sie derart demonstrativ diese schützenden Handschuhe zeigt. Und tatsächlich – ein romantizistischer (heute wohl eher „esoterisch“ angehauchter) Schlachtruf eines „Zurück zur Natur“ wäre in unseren Tagen wohl noch vergeblicher als vor mehr als 200 Jahren! Die Darstellung der Natur als bühnenartiges Tableau, auf dem die Malerin zentrale Akteurin ist (sie ist es ja selbst da, wo sie wie im „Wiesenstück“ eben nicht in Szene tritt), bleibt aber verhalten und „still“ – sowohl farblich als auch in der Ausführung der Einzelheiten erscheint die Natur „gedämpft“ und reduziert, während die jeweilige Figur sowohl farblich als auch im Duktus hervorgehoben wurde. Diese Natur hingegen erscheint selbst bereits wie durch einen Schleier (vielleicht eine Kunststoff-Folie?) projiziert. Möchte die Malerin damit unter Umständen andeuten, dass wir in unserer „verkünstlichten“ Welt die Natur gar nicht mehr in ihrer Natürlichkeit wahrnehmen können, dass es gar keine unberührte, „natürliche“ Natur mehr gibt? Dennoch bleibt diese Natur die einzige „Bühne“, auf der sich die menschlichen Dramen, Irrtümer und Banalitäten abspielen, während sie, die Natur, alle Zeit der Welt zu haben scheint, auch die Episode „Mensch“ zu überstehen – daraus erwächst wohl auch die in den Bildern zum Ausdruck kommende „Ruhe“ der Naturszenen.