Barbara Schmid

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Mit dem Keramik-Objekt „Vaterland Muttersprache“ schuf Barbara Schmid eine symbolische Kombination der räumlichen und akustischen Dimensionen dessen, was man „landläufig“ als „Heimat“ (in den fundamentalen Bedeutungsaspekten für die persönliche Lebensgeschichte) bezeichnen könnte. Im Begriff des Vaterlandes wird ja vor allem die geographische Ausdehnung, die topographische Struktur konnotiert, der Begriff der „Muttersprache“ bringt hingegen die Qualität des Klanges ein, des Klanges der Sprache, in die man ja „hineingeboren“ wird. Und tatsächlich könnte man sich vielleicht fragen, inwieweit nicht das primär emotionale Gefühl der Verbundenheit mit dem „Geburtsland“ eher ein „Klangphänomen“ ist, d. h. eine klangliche Erinnerungsspur der jeweiligen Biografien. Zeigt sich nicht, dass der Klang der Sprache jedes Individuum von Geburt an (bzw. in gewissem Sinne auch schon pränatal) begleitet und dass dies eine intensivere, vor allem auch völlig präkognitive und emotionale Prägung sein muss, als die allmähliche Bildung eines raumorientierten Begriffs eines Landes? Zumindest würden diese Überlegungen auch durch eine psychologisch-erkenntnistheoretische Perspektive nahe liegen. Die Bildung von Raumvorstellungen, insbesondere eines euklidisch-geometrischen Raumkonzepts, in das sich konkrete topographische „Markierungen“ einordnen, ist ein entwicklungspsychologisch später und langwieriger Prozess – nicht zuletzt aufgrund der dafür erforderlichen Abstraktionsleistung, sobald Raumvorstellungen über den unmittelbaren Erlebnis- und Handlungsraum hinausgehen. Die räumliche Dimension eines „Vaterlandes“ bleibt eher abstrakt – hingegen ist der „Klang“ der Muttersprache im eigenen Sprechen und Denken immer gegenwärtig. In Anlehnung an die Überlegungen Peter Sloterdijks im Rahmen einer Vorlesungsreihe zur Philosophie der Sprache könnte man ja sagen: „Zur Welt kommen – zur Sprache kommen.“ (1988), aber man kann es auch in einer etwas anderen Konnotation verstehen: Zur Sprache kommen bedeutet das eigentliche „Zur-Welt-Kommen“. Jedenfalls gelang Barbara Schmid allein schon mit dem Titel ein überaus interessanter und bedenkenswerter Hinweis auf die klangliche Qualität unserer Lebensbiografien. Der von der Künstlerin thematisierte Aspekt derartiger „Prägungen“ ist sinnfällig in die keramische Prägung des österreichischen Staatsgebietes übersetzt. Zentral ist für sie aber die Möglichkeit, auch feste Prägungen (analytisch) aufzubrechen und neue Kombinationen, neue Synthesen und vor allem Erweiterungen zu schaffen. In diesem Sinne versteht sie auch die Ausweitung des Objekts und des Konzepts in die virtuelle Grenzenlosigkeit des Internets: Hier ist jeder Besucher der Site aufgefordert, über einen Zerlegungsprozess der Titel-Worte neue Wort- und Bedeutungsformen zu finden und damit auch auszuweiten. Aus alten Prägungen wird Neues geprägt. In der Arbeit „Tonträger“ geht Barbara Schmid von der für sie nahe liegenden Bedeutung des Begriffs „Ton“ als keramisches Material aus und lässt die männlichen Teilnehmer der Klausur auch tatsächlich Tonpakete tragen – so werden die „Tonträger“ der Gesellschaft zu wirklichen Tonträgern. Auch im Konzept der „Kommunikationsblasen“ drückt sich der für Barbara Schmid „typische“ Ansatz einer wechselseitigen Übersetzung des Abstrakten, Immateriellen in konkrete, materialisierte Formen bzw. auch umgekehrt aus. So wurden einerseits die flüchtigen, unstofflichen Kommunikationsblasen in starre keramische, netzartige Blasenformen (in denen sich auch Dialektworte wie „hoi“ oder „log“ eingewoben finden) gebrannt, andererseits wurde die eigentlich schwere Materialität des Tons in fragile und zerbrechliche Raumhüllen transformiert. Die Materialität des Tons, die immer eine „Herausforderung“ des Materials an die Möglichkeiten des künstlerischen Gestaltens darstellt, findet sich so auch in die Leichtigkeit frei schwebender akustischer Töne verwandelt.