Ingeborg Plepelits – Pass

0699-81462057
Joseph-Marx-St. 14/10
Austria-8043 Graz

Eine hochformatige Leinwand, deren Fläche sich in einem Stakkato schnell geführter, rhythmischer, von oben nach unten „stürzender“ Pinselstriche zu einem abstrakt-figurativen Ensemble fügt. Hier malt eine Grafikerin, die die Homogenität der Fläche als Linienraum begreift, die diese Fläche über eine spontane, oft vom Rhythmus der Musik vorangetriebene und dennoch kontrollierte Linienführung zur Erfahrung eines im wahrsten Sinne des Wortes grafischen Malaktes werden lässt. „Der Pinselstrich muss verfolgbar bleiben, er darf sich nicht in Flächen auflösen.“ (I. Plepelits-Pass) Nur in dieser Nachvollziehbarkeit, in der Wiederholung des Pinselstrichs durch die Augen, bleibt auch die rhythmische Dynamik der Bildtektonik erhalten und die so gebildeten Flächen drohen nicht in einer homogenen Farbverteilung zu bewegungslosen Ausmalungen zu erstarren.
So stürzen die dunkel drohenden Pinselstriche die vertikale Bildachse in dynamischen Bögen hinunter auf eine hellfarbene, in Gelbtönen gehaltene Bildbasis. Die expressive Intensität des Malprozesses selbst überträgt sich mühelos auf die Bildkomposition. Trotz der nicht zuletzt durch den grafischen Duktus getragenen abstraktiven Grundstruktur bleibt die Identifizierung einer in angedeuteten Bärenkörpern „personifizierten“ Urgewalt bewusst erhalten, die ausfransenden und ineinander übergehenden Leiber der Bestien verschmelzen in einer einheitlichen bedrohlichen Masse. Figur und Mythos des Bären – ob in religiöser, psychischer oder politischer Interpretation – gestalten sich zu einem reißenden Rudel mit fletschenden Reißzähnen, mehr Wolf als Bär – in einer Kaskade fallender „Zapfen“. Die „Anrufung“ erweist sich als gefährliches „Spiel“ mit unkontrollierbaren Gewalten.
Angesichts des Gedichts von I. Bachmann scheint sich der Malerin I. Plepelits in manchen Aspekten eine gewisse Seelenverwandtschaft aufzutun, die sich mit eigenen biografischen Erlebnissen verbindet. Schon die malerische Umsetzung des Gelesenen evoziert die Ambivalenz zwischen einem Verstehen und der Angst vor diesem Verstehen. Auch das Bild verbleibt in dieser angehaltenen Ambivalenz: Noch ist nicht alles leuchtende Gelb im Bild erloschen.