Ein brennendes Gebäude, eingetaucht in einen tiefen, blau-schwarzen Bildgrund, auf dem sich die Konturen des Hauses nur fragmentarisch abzeichnen. In aufgehelltem Blau schimmern die Fenster, aus denen offensichtlich teilweise schon offenes Feuer lodert – wie von heftigen Windstößen in einer aufsteigenden Schräge seitlich in die Höhe gerissen, während das Innere des Gebäudes paradoxer Weise noch immer im Dunkeln verbleibt. Eine Feuersbrunst, die scheinbar erst an der freien Hausfassade zum Erglühen kommt. Die Künstlerin zitiert mit diesem Motiv eine Katastrophe, deren Bedrohlichkeit dem Dunkel der gesamten Szenerie entspricht. Und dennoch wirkt die malerische Ausführung ausgewogen und harmonisch. Eine seltsame Ambivalenz zwischen dem malerisch „stimmigen“ Darstellungsmodus und dem dargestellten Ereignis wird spürbar – Schrecken und ästhetische Faszination liegen hier eng beieinander, allerdings wird gerade auch die Divergenz zwischen maltechnischer „Harmonie“ und inhaltlicher Disharmonie bzw. Beunruhigung erfahrbar. Vor allem weil diese Irritation entsteht, entgeht die Arbeit der banalen Ästhetisierung des Schreckens und der Katastrophen im Sinne des medientechnischen Inszenierungseffekts, mit dem wir täglich konfrontiert sind. Diese „Brüchigkeit“ zwischen den formalen Qualitäten und der inhaltlichen Aussage ist durchaus beabsichtigt – unentschieden soll bleiben, ob das Bild ästhetisch „harmonisch“ oder auf Bedeutungsebene „erschreckend“ ist, und auch der Rezipient soll dieser „Verstörung“ nicht entgehen. Dass in den malerisch-formal sehr harmonisch wirkenden Arbeiten ein Moment der Ambivalenz, des Rätselhaften und auch der Beunruhigung gerade auch durch diese Harmonie verbleibt, zeigen nicht zuletzt die übrigen in Stift Rein entstandenen, aber weitgehend abstrakten Arbeiten. Vor allem der allein schon durch die Farbgebung ersichtliche Gegensatz verrät das Grundmotiv der Bildgestaltung. Es geht um die malerische Bearbeitung der Polarität von Dunklem und Licht, um die „Erscheinung“ von Licht aus der Farbe bzw. aus der farblichen Gestaltung heraus. Die malerische Umsetzung des fundamentalen Dualismus von „hell“ und „dunkel“ erweist sich als eine bestimmende Intention, als wesentlicher Aspekt der Bildidee, die sich im malerischen Entstehungsprozess als Reflexion der jeweiligen Helligkeitswerte, Kontraste, der Farbintensität oder Farbreduktion, der Bewegtheit, Ruhe oder des Abstraktionsgrades entwickelt. Durchaus von konkreten Darstellungsmotiven (z. B. Landschaften) ausgehend beginnt sich die Gegenständlichkeit mitunter zugunsten einer weitgehenden Reduktion auf die Frage heller und dunkler Malflächen im wahrsten Sinne des Wortes aufzulösen. Dies zeigt sich etwa, wenn der Grünbereich, der in eine hell leuchtende Sfumato-„Wolke“ übergeht, noch eine nebelverhangene Waldansicht vermuten lässt. Dass das Ziel der Malerin primär darin besteht, durch die Behandlung der Farbpartien Leuchtkraft zu erreichen, letztlich ohne jede Gegenständlichkeit auskommt, zeigt das in Blau und Weiß gehaltene Bildtableau, das den Rezipienten zu einer meditativen Kontemplation einzuladen scheint. Hier wird keine gegenständliche Phänomenalität mehr benötigt, um sich im „Raum“ des hell leuchtenden Weiß zu verlieren … Aber diese „Erfahrung“ ist letztlich ambivalent, wenn nicht paradox: Denn der unmittelbare Blick in diese unbestimmte Helligkeit, Offenheit und Grenzenlosigkeit wird emotional meist sowohl von Sehnsucht wie auch von Furcht begleitet.