Lotte Hubmann thematisiert die Spuren der Zeit – einer Zeit, die ephemer und un(be) greifbar vergeht und die nur an ihren Zeichen, die sie doch an den Dingen hinterlässt, erkennbar ist. Eine auf dem Areal des Stiftes inmitten einer Wiese vorgefundene quadratische Betonfläche, deren Funktion im Grunde unbekannt ist, wird ihr zum Symbol des Irdischen – sie wird ihr zum „Maßstab“, durch den sich die tägliche Wiederkehr der Sonne und ihr Tageslauf in Schattenspuren manifestieren. Täglich wurde die Betonplatte im Zeitraum von 8.00 bis 19.00 Uhr in einem stündlichen Rhythmus photographiert, um die durch den jeweiligen Lichteinfall bestimmten Schattenspuren der Gräser im Randbereich der Platte festzuhalten – als würde die vergehende Zeit selbst der „Schatten der Dinge“ sein (und ist sie dies nicht auch tatsächlich?). Wie ein Menetekel dieses scheinbar ewig sich vollziehenden Kreislaufs, der im wahrsten Sinne des Wortes „doppelbödig“ die Wiederkehr des Gleichen ebenso andeutet wie umgekehrt den Umstand, dass in Wahrheit nichts als Gleiches wiederkehrt, zeigt sich auf manchen der Photographien auch der Schatten der Photographin selbst. Auch ihr Schatten ist Teil jener Spuren, die die vergehende und nur scheinbar wiederkehrende Zeit hinterlässt. Mit Hilfe ihres Schattens wird die Künstlerin zwar auch selbst zum Teil der photographischen Notation der vergehenden Zeit, aber auch des ewigen Vergehens der Dinge. Selbst wenn die Zeit an sich tatsächlich „unendlich“ sein sollte, wie es auch die Zahlenmystik der im Titel angeführten „8“ suggeriert, ist sie doch das Engramm der Dinge – eben nicht ewig zu sein. In der Arbeit „Licht:Zeichen:Spuren“ bedeuten weniger die Schattenkonfigurationen den Zeitlauf als vielmehr umgekehrt das Sonnenlicht selbst, das in schmalen Lichtstreifen und ständig wechselnden Einfallswinkeln durch die Schießscharten der Maueranlage fällt. Auch hier zeigt die Gegensätzlichkeit von Licht und Schatten die „Stunde der Zeit“, allerdings als Lichtspur und nicht als Schattenspur. Zu einem beidseitigen photographischen „Bildvorhang“ zusammengefügt muten diese schrägen und vertikalen Lichtstreifen beinahe wie graphisch-lineare Elemente geheimnisvoller Buchstaben an – ein kryptisches Alphabet des Lichtes als Spur des Veränderlichen bzw. Vergehenden. Während das Sonnenlicht in täglicher Wiederkehr seine immateriellen Spuren zeichnet, steht dem der scheinbar „zeitlose“ Bestand der mächtigen Ziegelmauer gegenüber – und dennoch zeigt gerade diese „harte“ und „für die Ewigkeit“ errichtete Architektur die Spuren der Zersetzung und des Zerfalls. Mit der Installation „Farb:Zeichen:Spuren“ reagiert die Künstlerin auf 14 zum Teil zugemauerte Nischen der Klostermauer (sechs der Nischen waren nach außen hin noch geöffnet), die sie in einer Variation von 21 (14 färbigen und 7 weißen) Tüchern sowie zahlreichen Photographien thematisiert. Einerseits setzt sie den harten und die Durchsicht verwehrenden Nischenformen der Mauer die weichen und transparenten Tücher in ihrer Farbigkeit gegenüber und andererseits wurden die Formen der (verschlossenen) Mauernischen in die Tücher geschnitten, so dass deren Nischen-Öffnungen nun jene Durchsicht erlauben, die die Mauernischen verwehrten. Auf zwei grundlegende Formen reduziert und polarisiert erscheinen sie nun als Gestaltungselemente auf den sieben weißen Tüchern, so dass die Serie der insgesamt 21 Tücher ein ausgewogenes „Spiel“ gegensätzlicher Momente ergibt. Die Polarität von Licht und Schatten erweitert sich hier zu Gegensatzpaaren der Farben, von Farbe und Nicht-Farbe, von Transparenz und Undurchsichtigkeit, von Öffnung und Schließung.
Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl):
2015 „LIGHT:SPACE“ (Foto-Raum-Installation) ad: 10 Jahre StyrianARTfoundation; Steiermarkhof, Graz
2015 „TRANS.FORM“ (Foto-Raum-Installation) ad: Reminiszenzen an Rot – Aspekte einer Farbe; Feuerwehrmuseum Groß St.Florian
Links:
1) „Lotte Hubmann ZEICHEN:SPUREN:8:8“ : https://www.youtube.com/watch?v=163xgkz4ysc
2) „Lotte Hubmann Ausstellung HAUT:SCHATTEN“ : https://youtu.be/F3CS7JIY3W0