Martin Honsel

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Karlauplatz 3a, (Atelier)
Austria-A - 8020 Graz

Gäbe es eine Farbe für die Zeitalter und Epochen, auch wenn es nur eine Dekade unserer schnelllebigen Zeit ist, dann wäre es für die letzten zehn bis zwanzig Jahre wohl die Farbe Pink. Keine andere Farbe scheint derart „perfekt“ der neurasthenischen Überreizung der so genannten Postmoderne zu entsprechen. Grell, aufdringlich – selbst wenn sie eher in stumpfer Tönung erscheint. Dem entsprechend findet sich die Bildfläche zunächst in zwei „aufdringliche“ Farbhälften geteilt, die einen unstrukturierten und undefinierten Bild-„Raum“ konstituieren. Der horizontal liegende weibliche Akttorso dieses „Triumphes der Unregelmäßigkeit“ ist als deformierter Frauenkörper gestaltet, der sich auf einen seltsamen Homunkulus zu stützen scheint. Ein übergroß gezeichnetes Geschlecht, eingetrocknet und erstarrt wirkende Fragmente eines Ejakulats, eine verstümmelt erscheinende Hand – hier gibt es keine Spuren und Zeichen eines harmonischen Zustands. Im Gegenteil – Martin Honsel zeigt sinnbildlich eine deformierte, dysfunktionale, schlicht „perverse“ Welt, die sich zwar oft eine „gelbe Schürze“ der Vertuschung, Beruhigung und Beschönigung umhängen mag, die ihr wahres Antlitz allerdings nicht überdecken kann. Zwar in massiger Fleischlichkeit, aber in Wahrheit kraftlos, ist der Mensch heute möglicherweise nur mehr Zeichen der Erstarrung in seiner Entwicklung. Ein giftgrünes Nierenpaar und dunkel belegte Lungenflügel lassen sich als fehlender (Selbst-)Reinigungsprozess der Gattung Mensch lesen, die offensichtlich keine Chance hat, der Unveränderlichkeit seines „inneren Wesens“ zu entkommen. Diese expressive Symbolik von Martin Honsel setzt sich auch in der Serie der „Häutungen“ weiter fort – hier allerdings durch den graphischen Linienduktus und das Motiv zum Ausdruck gebracht. Die unruhige graphische Linienführung mit den grauen Abtropfschlieren durch das Fixiermittel entspricht dem Thema der Häutung als Ablösung der Hautfetzen von den nur mehr zerstückelt gegebenen Körperteilen – Hauthüllen, die in ständiger Häutung doch niemals einen wesentlichen „Inhalt“ zeigen, weil die „Hautfetzenhüllen“ schon der gesamte Inhalt sind! In der Installation „Sublimierung der Gehorsamkeit“ findet sich ein Torso im stählernen Gerüst des gesellschaftlichen „Zwingers“ festgeseilt, während der Vorderleib als aufgerissene, faulende Fleischlichkeit modelliert ist – Zeichen einer inneren Zerfressenheit durch die sozialen Verhältnisse – eben die innere Sublimierung der sozialen Gehorsamkeit. Die soziale „Zurichtung“ der Individuen im Sinne ihres gesellschaftlichen „Funktionierens“ bedeutet letztendlich eine innere Verkümmerung, es bedeutet die Unterdrückung des Selbst zugunsten eines nur oberflächlichen, äußerlichen Wertebezugs. Nicht zufällig ist man hier an die berühmte „Dialektik der Aufklärung“ erinnert: Die „Vergesellschaftung“ des Menschen wird um den Preis der Unterdrückung seiner Individualität und Subjektivität erkauft. Dennoch verweist der Künstler – indem er den gefesselten Torso durch einen weiteren Körperstumpf ergänzt – auch auf den in dieser Situation beinahe paradoxen Umstand einer immer noch bestehenden Sehnsucht nach einem Anderen, einem „Du“, nach Kommunikation und vielleicht sogar „Harmonie“