Stephan Hafner setzt sich mit dem Thema „Licht und Leben“ durch die malerische Reflexion des Motivs einer Sonnenfinsternis auseinander. Er nähert sich also dem Thema gerade durch dessen scheinbaren Gegensatz: Licht-Entzug, Verfinsterung, Düsternis – aber auch durch die sprichwörtliche „Lichtwerdung“ nach einer Sonnenfinsternis. Betrachtet man die Sequenz der neun Einzelszenen des gemalten Filmstreifens, der den Geschehnis- und Zeitverlauf einer Sonnenfinsternis in „photographischen“ Einzelbildern „speichert“, so ist in der neunten und letzten Sequenz bezeichnender Weise ein neues, helleres, durch ein beinahe reines Weiß manifestiertes Licht zu sehen, das die dargestellte Dachlandschaft gleichsam in einer erneuerten Strahlkraft des Sonnenlichtes erscheinen lässt – als wollte Stephan Hafner damit symbolisch eine mystisch-metaphysische Dimension des Ereignisses einer Sonnenfinsternis ausdrücken. Und wer Gelegenheit hatte, eine totale Sonnenfinsternis erleben zu können, wird vielleicht diese Erfahrung eines metaphysischen „Hauchs“, der eine vollständige Sonnenfinsternis tatsächlich begleitet, auch an sich selbst verspürt haben. Das szenische Band dieses Filmstreifens wird nicht, wie es eine Filmlogik nahe legen würde, durch eine zusammenhängende Handlungsabfolge bestimmt, sondern allein durch die sich sukzessive verändernden Lichtverhältnisse, die den Verlauf und Stand des Phänomens anzeigen. Die einzelnen Szenen stellen hinsichtlich der gezeigten Motive voneinander vollständig unabhängige Zustands- „Fiktionen“ dar – es gibt keine Logik der Handlungen zwischen den Szenen und keine Identität der Figuren über die Szenenabfolge hinweg. Die dargestellten Figuren und deren Handlungen erhalten lediglich durch den Fortschritt der Sonnenfinsternis ihre narrative Logik. Die dominanteste Konstante ist in einem formalen malerischen Mittel zu erkennen: Die Ausrichtung des perspektivischen Aufbaus der Einzelbilder richtet sich nach dem Zentrum der gesamten Bildabfolge und verläuft somit von beiden Seiten her schräg auf die schwarz verdeckte, „winzige“ Sonne der mittleren Sequenz als Fluchtpunkt zu. Interessanter Weise gelingt Stephan Hafner damit ein medientheoretisch zentraler Effekt: Während eine filmische Aufnahmetechnik nur linear verlaufen könnte, so dass der Film als Medium der Zeit niemals mehrere Zeitdimensionen simultan darstellen kann, ist es der Malerei möglich, den Zeitverlauf eines Geschehens synchron darzustellen. Im vorliegenden Fall gelingt dies durch eine „Überkreuzung“ des gemalten „Raumes“ mit der Zeitachse des dargestellten Geschehens. Die rechte Bilderfolge ist raumperspektivisch entgegen der Zeitprogression auf den Moment der für jedes in der rechten Bildfolge stattfindenden Ereignisses bereits vergangenen völligen Sonnenfinsternis ausgerichtet. Die auseinander strebenden Zeit–richtungen von Vergangenheit und Zukunft sind so perspektivisch- visuell auf einen einmal erst in der Zukunft liegenden bzw. bereits in der Vergangenheit befindlichen Fluchtpunkt (die völlig verdeckte Sonne) ausgerichtet. Eine ähnlich anmutende Konstruktion von Bruch und gleichzeitig Kontinuität zwischen den Bildteilen findet sich in der malerischen Fortsetzung der Darstellungen im jeweils nächstfolgenden Bild, wobei aber das Dargestellte nicht mehr dasselbe Phänomen wie im vorhergehenden Bildausschnitt manifestiert. So konstituiert sich zwar ein formaler Übergang von einem Bild zum nächsten, aber keine Fortsetzung der gegenständlichen Objekte. Derart inszeniert Stephan Hafner mit seinem „Film“ ein variantenreiches Spiel mit den Handlungs-, Raum- und Zeitachsen, deren „Metamorphosen“ langsam entschlüsselt werden müssen.