Markus Guschelbauer

Schönbrunnerstraße 38/12
Austria-1050 Wien

Der natürliche und meist „ungeordnete“ Raum des Waldes erscheint als Säulenhalle (als Tempelraum?) – eingefasst durch eine milchig-transparente PEFolie, die einen malerischen Sfumato- Effekt erzeugt. Der so entstandene geometrische Kubus ist durch die aufstrebenden Baumstämme in einer prägnanten vertikalen „Ordnung“ strukturiert und evoziert damit das Kennzeichen aller sakralen Raumarchitektonik. Diese leitet sich einerseits aus dem Prinzip der „Abgrenzung“ als gleichzeitige Eingrenzung der dem „Heiligen“ vorbehaltenen Bereiche und andererseits als „Loslösung“ von irdischer Schwere ab. So bedeutete das lateinische „templum“ ursprünglich primär „Grenze“, d.h. eine Abgrenzung des menschlich-kulturellen Raumes gegenüber der Natur und damit auch die „Besitznahme“ bis dahin nicht kultivierten, freien Landes. Selbst der Begriff des „Besitzes“ stammt etymologisch aus dem konkreten und handgreiflichen Akt des „Be-Sitzens“, also indem man sich an einer bestimmten Stelle, an einem Ort niederlassen und hinsetzen wollte und von da aus die Grenze des „in Besitz“ Genommenen bestimmte. Naturräume in Kulturräume zu transformieren war grundlegend mit der Vorstellung einer Ab- und Eingrenzung von Räumen verbunden – gleichsam von einem „(Sitz-)Punkt“ ausgehend. Eine ähnliche Vorgehensweise wählte auch Markus Guschelbauer bei der Bestimmung seines Wald-Tempel-Raumes – wohl eher unbewusst an diese archaische Praxis der „Raumgestaltung“ anknüpfend. Als Ausgangspunkt seiner Raumerschließung und Raumschaffung wählte er die Positionierung, also den „Standpunkt“ der Kamera, um den herum er schließlich das durch ihn definierte Raumvolumen in Kunststoff-Folie „verpackte“. Die „Raumnahme“ erfolgte hier „durch das Auge“ der Kamera, da die „Wald-Tempel-Installation“ von vornherein auf eine Wahrnehmung durch den Photoapparat, also auf den Blick und das Sehen durch das Kameraobjektiv bestimmt war. Die grundlegende Intention ist auf eine photographische bzw. bildliche Repräsentation und deren ästhetische Aspekte gerichtet und die PEFolie dient dafür vor allem als Medium, als experimentelles Gestaltungsmittel, mit dem Markus Guschelbauer bildlich-ästhetische Wirkungen beabsichtigte. Der Kontrast zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit, der ja heute überwiegend als unversöhnlicher Gegensatz empfunden wird, löst sich bei Markus Guschelbauer in einem optischen Spiel der Ambivalenzen auf. Die semi-transparente Folie trennt ja den äußeren Naturraum nicht strikt vom künstlich „folierten“ Innenraum, sondern lässt vor allem durch die Lichteffekte, die durch die vom Wind bewegten Wände und den daraus resultierenden wechselnden Lichtbrechungen verstärkt werden, ein optisch-visuelles „Fließen“ zwischen Innen- und Außenraum entstehen. Was gerade noch chimärisch sichtbares Außen war, wird zum farblich oszillierenden Innen oder verbirgt sich mit einem Mal wieder hinter einer milchig-trüben „Glas“-Wand. Der schon durch den Unschärfe- Effekt der PE-Folie gegebene Aspekt einer Auflösung der konkreten, scharf umrissenen Gegenständlichkeit rückt die photographische Bildlichkeit in die Nähe des Malerischen – mit einer primär ästhetisch-formalen Funktion. Ebenso zeigt sich ja die beinahe abstrakte Ordnung der Baumstämme schließlich eher in ihrer Formqualität bzw. als Struktur-Phänomen und weniger als „dokumentarische“ Verbildlichung der Bäume. Dass es dem Künstler primär um visuell-ästhetische Aspekte geht, kommt auch darin zum Ausdruck, dass die „Spuren“ des Materials, also der aufgespannten Folie, in Form der gewellten Raffungen zum absichtlich eingesetzten Gestaltungselement des photographischen Bildes wurden. Diese Raffungsspuren verleihen der Bildfläche durch die unterschiedliche Licht-Modulation eine reliefartige Plastizität und sie „brechen“ die photographische Bildebene, die ja vollkommen plan ist, gleichsam durch eine zweite, nicht plane Fläche auf. Schon die PE-Folie ist im Grunde für unseren Blick bereits eine Bild-Projektionsfläche – nur durch ihre weitgehende Transparenz bleibt sie als solche unbemerkt. Nur dort, wo sie durch die erkennbaren Raffungen als „Bildstörung“ des weiter hinten liegenden Bildraumes erscheint, wird sie bewusst wahrnehmbar. Auch die Overhead-Projektion der Gräser, Blätter und Stauden auf oder durch eine (bewegliche) Plastikfolie arbeitet mit der Reduktion auf eine beinahe abstrakte Formgebung – die durchscheinende PE-Folie als Projektionsfläche erinnert an die vorphotographische Technik der Dioramen, die ebenfalls durch ihren fluoreszierenden Durchschein-Effekt faszinierten. Jedenfalls wird deutlich, dass diese alltägliche Kunststoff-Folie durchaus als künstlerisch-ästhetisches „Mittel“ und Material verwend- und verwertbar ist. Die Zuschreibung eines bloßen Gebrauchswertes mit dem Nimbus, schließlich bloßer Abfall zu werden, entspricht dem ästhetisch-experimentellen „Potential“ dieses Kunststoffs keineswegs.