Malgorzata Bujnicka geht in ihrer Arbeit von einer sozialkritisch orientierten Analyse der Thematik des Utopischen aus. Utopische Ideen und Konzepte sind im Grunde ja der eigentliche Gehalt politischer Ideologien bzw. politischer Systeme – die Nichterfüllung dieser politischen Utopien indiziert letztlich auch das Scheitern politischer Systeme. In diesem Sinne enthalten alle Utopien bereits den Keim des Misserfolgs und der Enttäuschung in sich. Ideologien konstituieren mehr oder minder kollektive Utopien bzw. sie beanspruchen eine sozietäre Mehrheit, so dass sich letztlich das einzelne Individuum auch diesen Utopien unterwerfen muss. Hier spiegelt sich die grundsätzliche Problematik aller gesellschaftspolitischen Systeme: Das angebliche „Funktionieren“ des gesellschaftlichen Ganzen (möge es nun Staat, Nation, Partei, Proletariat oder auch nur Familie heißen) verlangt in äußerster Konsequenz die Ein- bzw. Unterordnung des einzelnen Individuums. Doch das sog. Individuum entwickelt letztlich auch eigene (utopische) Vorstellungen, die in der „Wunschökonomie“ ihren Ursprung haben. Die psychologische Kategorie des „Wünschens“ (bzw. des „Begehrens“ und der Libido) beschreibt im Grunde ja nichts anderes als die zugrunde liegenden Motivationsstrukturen zur Ausbildung individueller wie auch sozial-kollektiver Utopien, die auf ihre Realisierung bzw. Erfüllung gerichtet sind. Die Künstlerin bringt in ihren Arbeiten die Widersprüche und Konflikte zwischen den Formen ideologisch-kollektiver und individueller Utopien malerisch und symbolisch zum Ausdruck. Ausgehend von der Frage, welche „Räume“ bzw. welche Bedingungen gegeben sein müssen, um die Möglichkeit zu schaffen, individuelle „Wünsche“ zu realisieren, ergibt sich einerseits der Umstand unterschiedlichster und einander oft widersprechender Wünsche zwischen den einzelnen Individuen – seien sie nun weiblich oder männlich – und andererseits sind die „Rahmenbedingungen“ durch die „systemischen“ Restriktionsmechanismen sozialer Strukturen determiniert. Die Mechanismen und Faktoren des politischen „Systemganzen“ beschränken a priori die Möglichkeitsräume individueller Wunscherfüllung. Das Faktum derart einschränkender politischer und sozialer „Räume“ symbolisiert die Künstlerin unter anderem durch die engen und starren Begrenzungen der Malfläche, aus denen sich die „eingeschlossenen“ weiblichen Figuren in teilweise extremen perspektivischen Verzerrungen bzw. körperlichen „Windungen“ im wahrsten Sinne des Wortes zu „befreien“ suchen. Mit der bewussten Irritation der gewohnten psychologisch-emotionalen Farbwahrnehmung durch die Verwendung „unangenehm“ und vielleicht sogar verstörend wirkender Neonfarben als Zeichen dieser diffusen, kaum greifbaren Systeme, signalisiert die Künstlerin ihr „Unbehagen“ an politischen Ideologien und Utopien, die letztlich keine individuellen Freiheiten zulassen und zumeist als Terror-Regime enden. In der Form eines starren Quaders, der an allen Seitenflächen, aber auch auf Grund- und Deckfläche mit weiblichen Figuren als Symbole individueller Utopien bemalt ist, manifestiert sich die Unvereinbarkeit der Wünsche des Einzelnen mit der unerbittlichen „Realität“ des Gesellschaftssystems – schlussendlich gibt es kaum eine Möglichkeit individueller „Befreiung“.